Sieben Orang-Utans finden zurück in die Wildnis
Vom 7. bis 11. November 2025 kehren sieben Orang-Utans aus Nyaru Menteng nach bis zu 21 Jahren Rehabilitation endlich in den Regenwald von Bukit Baka Bukit Raya zurück. Diese Auswilderungen stehen für das, was Artenschutz bedeutet: Geduld, Hoffnung und die Rückkehr des Lebens in den Dschungel.
Es gibt Momente, in denen all die Jahre an Arbeit und Geduld plötzlich greifbar werden. Momente, in denen man sieht, dass sich jeder Einsatz gelohnt hat – trotz aller Rückschläge, Sorgen und Zweifel. Die Auswilderung dieser sieben Orang-Utans ist ein Zeichen dafür, dass selbst in einer Welt voller Zerstörung und Verlust Heilung möglich ist.
Zwischen dem 7. und 11. November 2025 ist genau ein solcher Moment:
Während zwei aufeinanderfolgenden Auswilderungsreisen bringt das Team der BOS-Rettungsstation Nyaru Menteng sieben Orang-Utans in den Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark (TNBBBR). Der Ort, an dem sie zum ersten Mal das Leben leben können, das für sie bestimmt ist: als wilder Orang-Utan im Dschungel Borneos.
Hinter jeder Auswilderung stehen unzählige Stunden Pflege, Training, Rückschläge und stille Beharrlichkeit.
Und auch wenn es sich oft anfühlt, als reiche all das nie aus, beweisen diese sieben Tiere: Die Arbeit und die Leidenschaft zahlen sich aus.

Momot – der neugierige Entdecker
Momot wurde am 12. Februar 2015 aus privater Haltung im Dorf Petak Bahandang, im Regierungsbezirk Gunung Mas in Zentralkalimantan, gerettet. Er war damals etwa eineinhalb Jahre alt, wog nur 3,2 Kilogramm und hatte keine Mutter mehr. Wie viele Jungtiere war er wahrscheinlich als Haustier gehalten worden – ein Schicksal, das fast immer bedeutet, dass seine Mutter getötet wurde, um ihn zu fangen.
In der Rettungsstation Nyaru Menteng begann für Momot ein neuer Lebensabschnitt. Nach der Quarantäne besuchte er über mehrere Jahre hinweg die verschiedenen Stufen der Waldschule, wo er lernte, eigenständig Nahrung zu finden, zu klettern und stabile Nester zu bauen. Seine Neugier und seine Ausdauer machten ihn zu einem der aktivsten Schüler seiner Gruppe.
Am 13. Juni 2023 begann für Momot die letzte Phase der Vorbereitung – sein Aufenthalt auf Salat Island, einer der Vorauswilderungsinseln von BOS. Dort zeigte er, dass er den Wald nicht nur kennt, sondern versteht: Er erkundete neue Gebiete, suchte gezielt nach natürlichen Nahrungsquellen und nutzte verschiedene Strategien, um Früchte oder Samen zu öffnen.
Heute, mit zwölf Jahren und 24 Kilogramm, gilt Momot als unabhängiger und ausgesprochen aktiver Orang-Utan. Nach elf Jahren Rehabilitation ist er bereit, den letzten Schritt zu gehen.

Ficz – der stille Einzelgänger
Ficz wurde am 11. März 2007 von einer Palmölplantage in Palangka Raya in Zentralkalimantan gerettet. Er war damals erst rund drei Monate alt, wog 1,7 Kilogramm und war verwaist. Wie viele Jungtiere wurde auch er ein Opfer der Zerstörung seines Lebensraums, als Menschen für Plantagen grosse Flächen des Regenwaldes rodeten.
In der Rettungsstation Nyaru Menteng begann für Ficz eine lange Reise zurück in die Wildnis. Über viele Jahre durchlief er die verschiedenen Stufen der Waldschule und lernte, sich sicher durch das Geäst zu bewegen, Nahrung zu finden und eigene Nester zu bauen. Schon früh zeigte sich sein ruhiges, unabhängiges Wesen. Ficz verbringt seine Zeit lieber allein, beobachtet aufmerksam und passt sich ruhig seiner Umgebung an.
Am 30. Juni 2022 wurde Ficz auf die Insel Badak Besar verlegt, wo er in naturnaher Umgebung die letzte Phase seiner Vorbereitung auf das Leben in der Wildnis absolvierte. Dort zeigte er einmal mehr, dass er anpassungsfähig und selbstständig ist und bereit für die Freiheit.
Heute, mit 18 Jahren und 45 Kilogramm Körpergewicht, steht Ficz am Ende einer langen Rehabilitationphase. Er verkörpert die ruhige Stärke jener Orang-Utans, die gelernt haben, sich der Natur wieder anzuvertrauen. Im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark darf er nun endlich das Leben führen, das für ihn bestimmt ist.

Wibowo – der wachsame Abenteurer
Wibowo wurde am 3. Dezember 2015 von einem Bewohner im Bezirk Gunung Mas in Zentralkalimantan an die Naturschutzbehörde BKSDA übergeben. Bei seiner Ankunft in der Rettungsstation Nyaru Menteng war er schätzungsweise zwei Jahre alt, wog 5,4 Kilogramm und hatte keine Mutter mehr. Vermutlich wurde er wie viele andere Jungtiere als Haustier gehalten, nachdem seine Mutter getötet wurde.
Nach seiner Rettung durchlief Wibowo zunächst die Quarantäne und anschliessend die verschiedenen Stufen der Waldschule. Dort zeigte er schon früh seinen ausgeprägten Entdeckergeist. Er war ständig in Bewegung, kletterte neugierig auf Bäume und erkundete die Umgebung mit wachem Blick. Besonders auffällig war seine Vorliebe für grosse Höhen. Oft kletterte er bis zu 15 Meter hinauf, um die Baumkronen zu erkunden.
Am 21. Oktober 2022 zog Wibowo auf die Insel Badak Besar, die zur Salat-Inselgruppe gehört. Dort lebte er in einer Umgebung, in der er seine Fähigkeiten weiter verfeinerte und lernte, sich vollständig selbst zu versorgen.
Heute, zehn Jahre nach seiner Ankunft, ist Wibowo zwölf Jahre alt und wiegt 42 Kilogramm. Seine Wachsamkeit, sein Mut und seine Leidenschaft für das Entdecken machen ihn bereit für die Freiheit im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark.

Otan – der begabte Nestbauer
Otan wurde am 7. Februar 2015 von einem Rettungsteam der regionalen Naturschutzbehörde BKSDA in Zentralkalimantan und der BOS Foundation in Buntok, im Bezirk South Barito, gerettet. Er war damals rund eineinhalb Jahre alt, wog 5,2 Kilogramm und hatte seine Mutter verloren. Wie viele Jungtiere in dieser Situation war er ohne Schutz, auf menschliche Hilfe angewiesen und musste Schritt für Schritt lernen, wieder ein Leben im Wald zu führen.
Nach seiner Ankunft in der Rettungsstation Nyaru Menteng durchlief Otan zunächst die Quarantäne, bevor er in die Waldschule wechselte. Dort zeigte er von Anfang an grossen Entdeckergeist und eine starke Neugier für seine Umgebung. Er erkundete weite Gebiete, probierte verschiedenste Früchte, Blätter, Samen und Rinden aus und lernte, zwischen essbaren und ungeniessbaren Pflanzen zu unterscheiden.
Am 19. Dezember 2023 wurde Otan auf die Insel Bangamat gebracht, wo er die letzte Phase seiner Vorbereitung auf die Auswilderung absolvierte. In dieser Umgebung festigte er seine Instinkte, stärkte seine Selbstständigkeit und bewies, dass er sich in der Wildnis zurechtfinden kann.
Heute, mit 12 Jahren und 33,5 Kilogramm Körpergewicht, steht Otan am Ende seiner zehnjährigen Rehabilitation. Seine Neugier, seine Anpassungsfähigkeit und sein Können im Nestbau machen ihn zu einem idealen Kandidaten für die Auswilderung im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark.

Putri – die soziale Kämpferin
Putri wurde am 3. Februar 2007 aus privater Haltung im Dorf Tumbang Samba im Bezirk Katingan, Zentralkalimantan, gerettet. Sie war damals schätzungsweise zwei bis drei Monate alt, wog 2,3 Kilogramm und hatte keine Mutter mehr. Wie so oft bei Jungtieren in Menschenhand war auch ihr Schicksal eng mit der Abholzung des Regenwaldes verbunden.
In Nyaru Menteng begann für Putri ein neuer Lebensabschnitt. Nach der Quarantäne besuchte sie über viele Jahre hinweg die Waldschule, wo sie lernte, sich selbstständig im Wald zu bewegen, Früchte zu erkennen, Nahrung zu finden und stabile Nester zu bauen. Sie zeigte dabei eine besondere Mischung aus Sanftheit und Entschlossenheit. Putri ist sozial, sucht den Kontakt zu anderen Orang-Utans, weiss sich aber auch zu wehren, wenn sie sich bedroht fühlt.
Am 5. April 2017 erreichte sie die letzte Stufe ihrer Rehabilitation und wurde auf die Vorauswilderungsinsel Salat Island gebracht. Dort festigte sie ihre Fähigkeiten in einer naturnahen Umgebung und bewies, dass sie bereit ist, allein zu überleben.
Heute, mit 18 Jahren und einem Gewicht von 30 Kilogramm, steht Putri kurz vor dem Ziel ihrer langen Reise. Nach all den Jahren in der Obhut von BOS, darf sie nun in den Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark zurückkehren.

Kapuan – Von der Touristenattraktion zum wildlebenden Orang-Utan
Kapuan gehört zu jenen Orang-Utans, deren Geschichte weit über Borneo hinausreicht. Sie wurde 2006 aus Thailand nach Indonesien zurückgeführt, zusammen mit 47 weiteren Orang-Utans, die dort zuvor in Safari World als Touristenattraktion gefangen gehalten wurden. Bei ihrer Ankunft in der Rettungsstation Nyaru Menteng war sie bereits sechs Jahre alt und wog 22 Kilogramm.
In Nyaru Menteng begann ein langer Weg zurück zu einem natürlichen Leben. Kapuan lernte, sich selbst zu versorgen, im Wald zu navigieren und wieder instinktiv zu handeln. Sie zeigte dabei eine beeindruckende Anpassungsfähigkeit. Ihre Fähigkeit, verschiedene Früchte und Pflanzen zu erkennen, zu bearbeiten und zu essen, wuchs stetig. Sie schälte, brach, kratzte und biss Samen und Früchte mit der Geschicklichkeit einer erfahrenen Waldgängerin.
Auch in der Fortbewegung zeigte Kapuan eine grosse Bandbreite. Sie bewegte sich sicher und vielfältig durch die Baumkronen und blieb nur selten am Boden, so wie es für wildlebende Orang-Utans typisch ist. Ihre ruhige Beobachtungsgabe und ihre Anpassungsfähigkeit machten sie zu einer starken Persönlichkeit im Rehabilitationsprogramm.
Am 17. Mai 2022 wurde Kapuan auf die Insel Badak Kecil der Salat-Inselgruppe gebracht, wo sie die letzte Phase der Vorbereitung auf ein freies Leben absolvierte. Hier bewies sie endgültig, dass sie bereit ist: selbstständig, wachsam und fähig, sich in ihrem natürlichen Lebensraum zurechtzufinden.
Heute, nach 19 Jahren im Rehabilitationssystem, ist Kapuan 26 Jahre alt und wiegt rund 32 Kilogramm. Ihre Rückkehr in den Regenwald ist ein Symbol für Ausdauer, Anpassungsfähigkeit und die Möglichkeit, nach einer langen Zeit der Gefangenschaft wieder ins Leben zurückzufinden. Im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark wird sie nun endlich dort leben, wo sie hingehört: frei, inmitten der Baumkronen des tropischen Regenwaldes.

Berunay – die Erfahrene
Berunay wurde am 16. Dezember 2004 aus privater Haltung im Dorf Petuk Berunay in Palangka Raya, Zentralkalimantan, gerettet. Sie war damals etwa zwei Jahre alt, wog 3,5 Kilogramm und hatte keine Mutter mehr. Auch sie ist ein Opfer der illegalen Wildtierhaltung, die häufig aus der Zerstörung des Regenwaldes hervorgeht.
Nach ihrer Ankunft in der Rettungsstation Nyaru Menteng begann für Berunay eine lange und beharrliche Zeit des Lernens. Sie durchlief sämtliche Phasen des Rehabilitationsprogramms, vom Quarantänebereich über die Waldschule bis hin zur selbstständigen Nahrungsfindung. Schritt für Schritt entwickelte sie die Fähigkeiten, die sie für ein Leben in der Wildnis braucht: klettern, Nahrung erkennen, Nester bauen und Gefahren einschätzen.
Am 18. April 2017 erreichte Berunay die letzte Phase ihrer Vorbereitung und zog auf die Insel Kaja, eine der Vor-Auswilderungsinseln des BOS-Programms. Dort fiel sie durch ihre Entdeckungslust und ihren Mut auf. Sie erkundete neue Gebiete, bewegte sich sicher durch die Baumkronen und erreichte Höhen von bis zu 20 Metern. Ihr Verhalten glich immer mehr dem wildlebender Orang-Utans – vorsichtig, aber entschlossen, stets auf der Suche nach Früchten, Blättern und anderen natürlichen Nahrungsquellen.
Heute, mit 23 Jahren und einem Gewicht von 45 Kilogramm, blickt Berunay auf mehr als zwei Jahrzehnte Rehabilitation zurück. Ihre Rückkehr in den Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark steht für Geduld, Entschlossenheit und die Kraft, nie aufzugeben. Sie ist bereit, das zu tun, wofür sie all die Jahre vorbereitet wurde – in die Freiheit zurückzukehren, wo sie wieder Teil des Regenwaldes sein wird, der ihr Zuhause ist.
Wenn Geduld Früchte trägt
Die Auswilderung dieser sieben Orang-Utans zwischen dem 7. und 11. November 2025 erinnert daran, dass Veränderung selten schnell geschieht.
Sie wächst langsam, oft unsichtbar, über Jahre hinweg in Rettungszentren, auf Schutzinseln, in den Händen derer, die nicht aufgeben.
Und doch gibt es diese Augenblicke, in denen das Unmögliche Wirklichkeit wird:
wenn eine Transportbox sich öffnet, eine Hand nach dem ersten Ast greift und ein Lebewesen, das so lange warten musste, endlich wieder frei ist.
In solchen Momenten wird spürbar, dass es sich lohnt, weiterzumachen.
Dass jeder Schritt zählt.
Und dass sich selbst nach Jahrzehnten das Leben seinen Weg nach Hause sucht.
Damit Hoffnung weiterlebt
Jede dieser Auswilderungen ist nur möglich, weil es Orte wie die BOS-Rettungsstation Nyaru Menteng gibt. Orte, an denen verletzte, verwaiste und vertriebene Orang-Utans eine zweite Chance bekommen.
Doch diese Arbeit endet nie. Für jeden, der zurück in den Wald darf, wartet bereits der nächste, der Hilfe braucht.
Unterstützen Sie jetzt die BOS-Rettungsstationen, damit noch mehr Orang-Utans ihren Weg nach Hause finden können.
