Es war reiner Zufall – oder Schicksal?
Anastasiia öffnet sich im Gespräch über ihre Reise als Fotografin, ihre Zusammenarbeit mit BOS Schweiz und die prägende Erfahrung ihrer Flucht aus der Ukraine.
Interview von Ramona Bernhard, die Studentin unterstützt BOS Schweiz als Volontärin im Bereich Kommunikation
Inmitten der Unsicherheit und des Verlusts fand sie neue Stärke und Hoffnung. Ihre Leidenschaft für den Umweltschutz und die Fotografie haben sie auf diesem Weg begleitet und ihr geholfen, trotz aller Widrigkeiten ihre Träume zu verwirklichen und bis hierher zu kommen.

Wie bist du in Kontakt mit BOS Schweiz gekommen?
Es war reiner Zufall – oder vielleicht Schicksal! Ich war unterwegs, um die perfekte Location für ein Porträtshooting zu finden, und habe dabei das BOS-Büro entdeckt. Die Wand dort war ideal für meinen Hintergrund und das Büro sah aus, als gehörte es zu einem Märchen. Also bin ich reingegangen und habe Sophia, die Geschäftsleiterin von BOS Schweiz, gefragt, ob ich dort fotografieren könnte. Während unseres Gesprächs erzählte sie mir von der Organisation, und ich war sofort neugierig. Die Arbeit von BOS Schweiz hat mich sehr inspiriert. Deshalb habe ich spontan angeboten, mit meiner Fotografie ihre Mission zu unterstützen. Es war, als ob alles genau so passieren sollte. Diese Begegnung markierte den Beginn einer Zusammenarbeit, die mir unglaublich viel bedeutet.
Was war dein erstes Projekt mit BOS Schweiz, und wie hast du es erlebt?
Mein erstes Projekt war ein Workshop für Kinder. Die Idee, Kinder spielerisch über Nachhaltigkeit und den Schutz des Regenwaldes aufzuklären, hat mich sofort begeistert. Die Kinder durften zum Beispiel Schokolade ohne Palmöl probieren und so lernen, wie unsere Konsumentscheidungen die Natur beeinflussen. Ich habe versucht, ihre Freude, ihre Neugier und diesen besonderen Moment des Verstehens in meinen Fotos einzufangen. Es war berührend zu sehen, wie ernsthaft sie sich mit diesen Themen auseinandersetzten und wie viel sie schon in ihrem jungen Alter verstanden haben. Solche Erfahrungen prägen Kinder nachhaltig, und es war eine Ehre, Teil davon zu sein.
Welche Projekte hast du noch mit BOS Schweiz umgesetzt?
Das zweite Projekt, an dem ich beteiligt war, war die PR-Aktion "Affendemo" am Welt-Orang-Utan-Tag. Es war ein grosses Event am Zürichsee. Freiwillige und Teilnehmende kamen zusammen, um mehr über die Herausforderungen von Orang-Utans zu erfahren. Mein Ziel war es, die Emotionen der Menschen, die Begeisterung und den Gemeinschaftssinn festzuhalten. Es war beeindruckend zu sehen, wie viel Mühe und Engagement das Team und die Freiwilligen in die Veranstaltung gesteckt haben. Besonders berührte mich, wie viel Freude und Verständnis die Teilnehmenden mitbrachten – eine Mischung aus Hoffnung und Dringlichkeit. Solche Momente sind wichtig, um das Bewusstsein zu schärfen.

Warum hast du dich entschieden, deine Fotografie pro bono für BOS Schweiz einzusetzen?
Die Arbeit von BOS Schweiz hat mich sofort fasziniert. BOS setzt sich für Themen ein, die mir persönlich am Herzen liegen: den Schutz des Regenwaldes, der Orang-Utans und generell die Rettung unseres Planeten. Fotografie ist für mich ein Werkzeug, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, Geschichten zu erzählen und Menschen zu inspirieren. Es fühlt sich so erfüllend an, zu wissen, dass meine Bilder dazu beitragen können, eine wichtige Botschaft zu verbreiten. Für mich ist es eine kleine Investition meiner Zeit, aber die Wirkung, die wir gemeinsam erzielen können, ist riesig. Wenn ich sehe, dass meine Fotos etwas bewirken, motiviert mich das, noch mehr zu tun.
Gibt es Momente oder Erlebnisse mit BOS Schweiz, auf die du besonders stolz bist?
Für mich ist der grösste Erfolg die Zusammenarbeit mit Menschen, die so viel Herz und Einsatz zeigen. Die Mitarbeitenden und Freiwilligen bei BOS Schweiz investieren ihre Zeit, Energie und Geld, um andere von ihrer Mission zu überzeugen. Das inspiriert mich unglaublich. Besonders stolz bin ich, wenn ich sehe, wie meine Fotos helfen, diese Botschaft zu verstärken. Es zeigt mir, dass ich mit meiner Arbeit einen Unterschied machen kann – und das ist das Beste, was ich mir wünschen kann.
Warum ist für dich Umweltfotografie wichtig?
Ich glaube, dass Bilder eine besondere Stärke haben. Sie können Menschen berühren und inspirieren. Umweltfotografie ist eine Möglichkeit, die Schönheit der Natur und gleichzeitig ihre Verletzlichkeit zu zeigen. Es ist eine Form des Aktivismus. Ich möchte mit meinen Bildern Geschichten erzählen, die nicht nur informieren, sondern Menschen motivieren, sich für den Schutz unseres Planeten einzusetzen. Wenn ich es schaffe, durch ein einziges Bild jemanden zum Nachdenken oder Handeln zu bringen, dann habe ich etwas erreicht.
Kannst du uns etwas über deinen Werdegang als Fotografin erzählen? Woher kommt deine Leidenschaft?
Ich habe schon immer eine grosse Liebe für Momente und Details gehabt. Fotografie war zunächst ein Hobby, bis ich in die Schweiz zog und begann, einen professionellen Fotografen bei diversen Veranstaltungen zu unterstützen. Diese Zeit war unglaublich lehrreich – ich habe die Grundlagen der Fotografie kennengelernt und gleichzeitig herausgefunden, wie ich mit Bildern Emotionen einfangen kann. Mit der Zeit habe ich durch stetiges Üben und Ausprobieren meine Fähigkeiten immer weiter verfeinert und wertvolle Erfahrungen gesammelt. Heute ist Fotografie für mich mehr als nur ein Job oder eine Kunstform – es ist eine Sprache, mit der ich Geschichten erzähle und Menschen miteinander verbinde.

Neben ihrer Arbeit bei BOS Schweiz bringt Anastasiia eine persönliche Geschichte mit, die tief berührt. Als sie aus der Ukraine fliehen musste, erlebte sie eine Zeit voller Unsicherheit. Ihre Geschichte ist ein Beispiel für Widerstandskraft und den Weg von Schmerz zu Hoffnung.
Kannst du mir von deiner Flucht aus der Ukraine erzählen?
Ich hatte nie geplant, mein Zuhause zu verlassen. Doch in der zweiten Woche der Invasion überzeugte mich eine Freundin. Sie gab mir den Rat, einen Rucksack mit den nötigsten Dingen zu packen und über die Grenze zu gehen. Diese Entscheidung traf ich in einem Schockzustand. Nach einer langen Reise – mit Evakuierungszügen, Fussmärschen und der Hilfe von Fremden – erreichte ich die Schweiz. Hier wurde ich von einem Paar empfangen, das mich mit unglaublicher Freundlichkeit und Unterstützung aufnahm. Es wurde zu meiner zweiten Familie.
Wie hat der Krieg dich emotional beeinflusst?
Der Krieg hat meinen Stolz auf meine Herkunft gestärkt. Gleichzeitig hat er mir gezeigt, wie kostbar jeder Tag ist. Ich habe gelernt, die aktuellen Umstände zu akzeptieren und daran zu glauben, dass sich auch schwierige Zeiten in etwas Gutes wandeln können. Was mir hilft, ist die Fotografie – sie gibt mir Halt und lenkt mich ab.
Was vermisst du am meisten an der Ukraine?
Am meisten vermisse ich meine Familie, meine vertraute Umgebung und den Frieden. Es schmerzt zu wissen, dass mein Zuhause zerstört wird und meine Liebsten in Gefahr sind. Der Frieden in der Ukraine ist mein grösster Wunsch.
Kannst du dir vorstellen, langfristig in der Schweiz zu bleiben?
Die Schweiz hat mir Sicherheit und Stabilität gegeben, aber mein Herz ist nach wie vor mit der Ukraine verbunden. Vielleicht finde ich einen Weg, beide Welten zu verbinden – eine Brücke zwischen der Schweiz und meiner Heimat zu schlagen.
Was sind deine Hoffnungen für die Zukunft?
Mein grösster Wunsch ist das Ende des Krieges. Es geht um Sicherheit, Gerechtigkeit und die Möglichkeit, wieder aufzubauen. Die Ukraine sollte durch ihre Resilienz, Kultur und Schönheit definiert werden – nicht durch den Krieg.
Gibt es noch Träume oder Projekte, die du mit BOS Schweiz umsetzen möchtest?
Ich träume davon, eines Tages nach Indonesien zu reisen, um vor Ort die Lebensräume der Orang-Utans zu fotografieren. Die Zusammenarbeit mit BOS Schweiz hat mir gezeigt, dass Fotografie ein Werkzeug für Veränderung sein kann. Es wäre ein Traum, diese einzigartigen Tiere direkt zu dokumentieren und ihre Geschichten zu erzählen.
Hier finden Sie Anastasiias Instagramseite, falls Sie sie kontaktieren oder ihr Portfolio anschauen möchten. Falls auch Sie uns mit Ihrer Expertise unterstützen möchten, freuen wir uns auf eine E-Mail an info@bos-schweiz.ch.